Tanja Blicker von wortweise und Katja von HeartBeat Holistic Coaching im Gespräch
Neuzugang im Team - Wer gibt das Tempo vor?
Wieder einmal treffe ich mich mit Katja von HeartBeat Holistic Coaching auf dem Sonnenhof.
Sie will mir jemanden vorstellen. Einen Neuankömmling in ihrer Pferde-Herde.
Adora, ein einjähriges Lusitanomädchen, das sie vor kurzem bei sich aufgenommen haben und das nun in die bestehende Herde integriert werden soll.
Adora - ganz rechts, hinterstes Pferd im Bild
Ich habe keine Erfahrung mit Pferden, wenig Wissen über deren Sozialverhalten und doch, oder vielleicht auch gerade deshalb, ist es Katja wichtig, dass ich mir anschaue, was auf dieser weitläufigen, nebelverhangenen Koppel gerade passiert. Und das nicht irgendwo am Rande, sondern mittendrin.
Zuerst sehen wir die Herde, friedlich um die Raufe im Fressen vereint. Drei Mustangs, ein Araber, ein Kabardiner, ein Welsh Pony, ein Shetland Pony und ein Mischling. Als wir sie passieren, lösen sich zwei Pferde und kommen direkt auf mich zu. Ich werde wohl als “neu hier” identifiziert, muss beschnuppert und am besten auch gleich begleitet werden. Vor ein paar Monaten hätte mich das noch beängstigt, doch mein Vertrauen in diese sanften und neugierigen Riesen wächst proportional zu meiner Faszination.
Nach dieser kurzen Begrüßungs-Beschnupperung geht die Suche nach Adora weiter. Und da sehen wir sie. Am äußersten Ende der Koppel. Aber sie ist nicht alleine. In ein paar Metern Entfernung steht Mystique, die Leitstute der Herde beim Grasen. Katja erklärt mir, dass Mystique immer wieder ihre Nähe anbietet, die die Kleine gerne annimmt, um in Sicherheit zu grasen und vielleicht auch, um sich nicht ganz so ausgegrenzt zu fühlen. Aber das könnte auch nur meine persönliche Interpretation sein. Ich empfinde augenblicklich Mitgefühl.
Adora - ganz links im Bild am letzten Baum / Mystique - zweites Pferd von links
In die Gruppe traut sie sich noch nicht. Auch nicht in Begleitung. Einige der Gruppenmitglieder haben ihr bereits unmissverständlich gezeigt, dass sie dort nicht geduldet ist. Noch nicht. Es braucht wohl noch.
Aber was genau braucht es? Mehr Mut, mehr Akzeptanz, mehr Feingefühl, mehr Erfahrung? Wer macht den ersten Schritt und wer die weiteren? Braucht es einfach nur Zeit?
Plötzlich tauchen Fragen auf, die auch unser menschliches Miteinander betreffen. Ist es nicht so, dass von den Neuen immer erwartet wird, sich zu integrieren, sich einzufädeln, offen zu sein, zugänglich? Der*die „Nette“?
Hat der*die Neue immer die Bringschuld und liegt es an ihm*ihr, ob eine Zusammenführung erfolgreich ist?
Ich sehe, wie sich Pferde aus der Gruppe lösen, um Adora zu beschnuppern, mit ihr ein bisschen zu spielen, um sich dann wieder in das Gruppengefüge zurückzuziehen. Man hat fast den Eindruck, sie würden der Gruppe von der Neuen „erzählen“, den Boden bereiten. Von Katja weiß ich, dass sich Adora bereits nach diesen wenigen Tagen schon wesentlich näher an die anderen herantraut als am Anfang.
Die Prozesse scheinen also auf beiden Seiten zu laufen. Die Gruppe bereitet sich vor, lotet aus, wo die Neue ihren Platz finden könnte. Denn allen ist klar, mit jedem Neuankömmling entsteht eine neue Gruppenstruktur, eine neue Dynamik, eine neue Energie. Kompetenzen und Hierarchien ordnen sich neu. Im Gegensatz zu Menschengruppen geht es dabei nicht um egogetriebene Machtspielchen, sondern ums Überleben der Gruppe.
Deshalb lohnt es sich, den Pferden zuzuschauen. Um von ihnen zu lernen. Schnell erkennt man sich selbst in einem der Tiere und bekommt so die wunderbare Gelegenheit als Außenstehender die eigenen Verhaltensweisen und die der anderen stellvertretend durch die Herde zu beobachten.
Es wund